Warum mit Stroh bauen?

Jeden Sommer leuchten uns die gold-gekämmten Felder entgegen, die schon bald abgeerntet werden und uns nur die verstreuten Strohballen hinterlassen. Doch dieses „Ackergold“ kann noch so viel mehr als sich nach der Ernte in Brot und Gebäck zu verwandeln. Denn in den als „Abfallprodukt“ übrig gebliebenen Strohballen, steckt großes Potenzial, das weit über den Pferdestall hinaus geht.

„Goldbarren“ vom Acker bei Erfurt

Viele können sich gar nicht vorstellen, wie effizient und zuverlässig sich mit Strohballen bauen lässt. Dabei punktet Stroh nicht nur mit einer hervorragenden Ökobilanz, sondern kann sich auch in Sachen Dämmung und Beständigkeit sehen lassen. Und das beginnt schon auf dem Feld. Denn nicht nur wächst Getreide zumeist regional und spart daher schon lange Transportwege, auch bindet die Pflanze, während des Wachstums, CO2 aus der Umwelt und speichert dieses. Das führt dazu, dass ein Einfamilienhaus aus Strohballen bis zu mehr als 22,7 Tonnen CO2 speichern kann. Dabei entsteht beim Anbau und auch beim Bau kein Müll und nur ein geringer Energiebedarf. Der Fachverband Strohballenbau (Fasba) hat errechnet, dass man mit einem Drittel des Strohs einer durchschnittlichen Ernte bis zu 350.000 Strohballenhäuser bauen könnte.

Herstellungsenergie im Vergleich

Hierzulande wird zumeist nichttragend mit Strohballen gebaut, denn diese ist in Deutschland bauaufsichtlich gestattet. Für einen tragenden Bau aus Strohballen benötigt man eine Einzelfallgenehmigung. Einer der ältesten Strohballenbauten ist das Haus Burke in Nebraska von 1903 und ist lasttragend. Ein fachgerecht gebautes Strohballenhaus ist also sehr beständig, auch beim Thema Feuer. Denn die Strohballen werden so stark zusammengepresst, dass Flammen keinen Sauerstoff finden, um sich weiter ausbreiten zu können. Wird das Stroh dann noch mit Lehm oder Kalk verputzt, kann eine Feuerwiderstandsklasse von F30 bis F90 erreicht werden und steht damit herkömmlichen Baustoffen in nichts nach. Durch diesen Aufbau wird außerdem erreicht, dass sich weder Insekten noch Kleintiere in den Wänden einnisten können.

Eines der ersten Strohballenhäuser von Siedlern in Nebraska um 1910

Die Wandmodule für einen nichttragenden Strohballenbau werden in einer Halle vorgefertigt und anschließend zur Baustelle gebracht. Dafür wird die Holzrahmenkonstruktion einer Wand montiert, anschließend mit gepressten Strohballen ausgestopft und mit Lehm bzw. Kalkmörtel (für die Außenseite) verputzt. Nun muss alles noch trocknen und ist danach fertig, um auf die Baustelle geliefert zu werden, wo dann alle Teile zusammengesetzt werden. So ist ein Bau bis zu 5 Stockwerken realisierbar. Die Kombination mit Lehm reguliert die Luftfeuchtigkeit, entzieht Geruchs- und Schadstoffe und schafft so ein wohngesundes Raumklima.

Wandmodulproduktion bei Erfurt

Der Strohballenbau muss sich auch beim Thema Dämmung in keiner Weise verstecken. Ganz im Gegenteil! Stroh ist schall- und sehr gut wärmedämmend. Sogar so gut, dass teilweise in Strohballenhäusern keine Heizungen, sondern lediglich ein Ofen für die kalten Wintertage eingebaut werden muss. Dadurch spart man nicht nur Energie für das Heizen, sondern auch eine Menge CO2 . Ein Strohballenhaus erfüllt alle Voraussetzungen für ein Passivhaus.

Traktorenhalle als tragender Bau im Österreich

Doch was ist, wenn sich das Haus seinem Lebensende neigt? Stroh und Lehm sind reine Baustoffe und werden auch so beim Bau verarbeitet. Wenn ein Haus aus diesen Baustoffen nun seine Zeit erreicht hat, können Lehm und Stroh problemlos getrennt und wieder in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden.